Hoffnung in der Hölle der Drogen

Angelyn musste die Drogen ihrer Eltern verstecken. Als die Familie auseinanderfiel, fand sie Hoffnung und einen neuen Sinn im Leben.

Der Beruf ihrer Eltern: ein Tabu

Als kleines Mädchen kam Angelyn auf ihrem Schulweg über Pfützen hinweg und zwischen Wellblechhütten hindurch an vielen Kindern vorbei, die nicht zur Schule gingen. Ihre Eltern sahen keinen Grund, sie zur Schule zu schicken. Einige Eltern verkauften ihre Kinder in die Prostitution, um ein zusätzliches Einkommen zu haben. Diese Kinder betäubten den Schmerz mit Drogen und hatten keine Hoffnung für eine bessere Zukunft. In den Hintergassen von Cebu auf den Philippinen ist Schule nur ein Privileg für jene, die Hoffnung haben.

Angelyns Eltern konnten sich die Schule für ihre Tochter leisten, aber Angelyn wusste nicht, warum. Womit sie ihr Geld verdienten, wurde geheim gehalten – vor ihren Kindern, den Nachbarn, aber vor allem vor den Behörden. Wenn jemand Angelyn nach dem Beruf ihrer Eltern fragte, erfand sie lieber eine Antwort, als zuzugeben, dass sie es nicht wusste.

Dennoch lebte Angelyns Familie in Armut, und so wurde Angelyn ins Compassion Patenschaftsprogramm der lokalen Kirche aufgenommen. Joel, ihrem Betreuer im Kinderzentrum, fiel auf, dass Angelyn in der Schule sehr gut vorankam. Er dachte sich schon, dass aus ihr eine Persönlichkeit werden würde, die Einfluss nehmen und ihr Umfeld positiv beeinflussen kann.

Der Vater: ein Drogenhändler

Eines Morgens vor der Schule suchte Angelyn ihre Eltern. Sie wollte um etwas Taschengeld für ihr Mittagessen bitten. Als sie die Tür öffnete, sass da ihr Vater, umgeben von kleinen Päckchen „Shabu“, einem Amphetamin von geringer Qualität. Angelyn hatte schon viele Leute Drogen dealen gesehen. Ihr war sofort klar, was ihr Vater da tat, und wie gefährlich das war. Ihr Vater – ein Drogendealer! Angelyn war am Boden zerstört. Zum Zorn darüber, dass er ihre Familie in Gefahr brachte, kam die Ratlosigkeit, was sie jetzt tun sollte. Sie getraute sich nicht, Hilfe zu holen. Und obwohl sie niemandem etwas davon sagte, dauerte es nicht lange, bis die Polizei plötzlich auftauchte.

Angelyn war gerade dabei, ein Nachbarskind zu hüten, als sie den Lärm im unteren Stockwerk hörte. Schreie, Möbel fielen um, stampfende Schritte auf der Treppe. Im Tumult hörte sie das Wort: „Polizei!“. Ihr Herz klopfte, sie wusste nicht, was tun. Sie musste einfach beim Baby bleiben.

Ihre Eltern kamen ins Zimmer gestürmt und drücken ihr etwas in die Hand. „Hier, versteck das!”, rief die Mutter, und sprang dem Vater hinterher durch Schlafzimmerfenster hinaus. Eine Tüte voller Drogen hielt Angelyn in der Hand. Schnell steckte sie ihn unter ihr Leintuch, und schon trat die Polizei ins Zimmer, auf der Suche nach ihren Eltern.

Die Träume: zerstört

Angelyns Träume zerbrachen in tausend Stücke. Sie getraute sich nicht, im Compassionzentrum von dem Vorfall zu erzählen, da sie fälschlicherweise dachte, sie würde vom Programm ausgeschlossen werden, wenn die Wahrheit ans Licht kommt. Ihr Mut sank, und immer seltener ging sie ins Kinderzentrum. Sie verbrachte jetzt mehr Zeit mit Freundinnen aus der Nachbarschaft, und mit zwölf Jahren trank sie Alkohol und besuchte Nachtclubs.

Joel machte sich jetzt grosse Sorgen um seinen Schützling. Er wusste, wie gefährlich es auf den Strassen Cebus ist. Wenn er sie anrief, ging sie nicht ran. Als er sie aber endlich fand, machte er noch einmal einen Versuch, sie zurückzugewinnen, und lud sie zu einem Jugendlager ein.

Ein ganz besonderes Erlebnis

An einem dieser Jugendtreffen erlebte Angelyn Gott auf besondere Weise. Wie nie zuvor wusste sie, dass Gott mit ihr war. Sie gab ihm ihre Fehler, ihren Schmerz, ihre Verwirrung, gab ihr ganzes Leben Jesus. Joel sah den Wandel sofort. Angelyn kam jetzt wieder regelmässig ins Kinderzentrum, und entwickelte auch ihre vielen Talente. Mit der Hilfe aus dem Kinderzentrum wurde sie Badminton-Champion, hatte gute Noten in der Schule, und besuchte ein Seminar für Stimmbildung. Bald schloss sie sich dem Lobpreisteam der Kirche an und wurde eine Lobpreisleiterin. Sie wurde auch in das Team der jungen Leiter aufgenommen und begann eine Bibelschule.

Der Vater beendet seine kriminellen Machenschaften

Angelyns Vater sah die Veränderungen in seiner Tochter. Sein Gesicht strahlte vor Stolz, wenn er seinen Freunden von ihr erzählte. Er bemerkte auch die Veränderungen in ihrem Charakter. Als sie ihn immer wieder bat, seinen kriminellen Machenschaften aufzugeben, willigte er schliesslich ein.

Angelyns Freude darüber war gross, aber nicht von Dauer. Bald wurde ihr Vater für frühere Vergehen festgenommen, verurteilt und ins Gefängnis gesteckt. Ihre Mutter fiel darüber in eine Art Schockstarre. Jetzt musste Angelyn sich um ihre Geschwister kümmern. Sie bettelten bei Verwandten um Essen, aber oft ohne Erfolg, da diese selber kaum etwas hatten. Die Last der Verantwortung schlug bald auf Angelyns Gesundheit – ihr Husten ging nicht mehr weg, sie war müde und fiebrig. Die Compassion Mitarbeitenden schickten Sie zum Arzt, der eine Tuberkulose diagnostizierte. Compassion kam für die Behandlung auf, und Angelyn erholte sich langsam. Dennoch musste sie mit ihren Aktivitäten etwas zurückschrauben und die Bibelschule aufgeben.

Ein Vorbild für jüngere Kinder

Als es ihr besser ging, wurde sie von der Leiterin des Kinderzentrums angefragt, ob sie die jüngeren Kinder unterrichten möchte. Diese neue Aufgabe nahm Angelyn sehr ernst und bereitete die Lektionen mit grosser Hingabe und Sorgfalt vor.

Für die Kinder im Zentrum ist Angelyn ein Vorbild. Viele von ihnen leben auf der Inayawan Müllhalde, wo ihre Eltern im Müll nach wiederverwertbarem Material suchen und damit ihre Familien durchbringen. Angelyn ermutigt die Kinder, die Schule abzuschliessen und ihre Familien und Nachbarschaft positiv zu beeinflussen.

„Arm sein heisst nicht, dass man nicht erfolgreich sein kann. Gott zeigt uns immer einen besseren Weg, und er gibt uns Leute, die uns auf diesem Weg helfen können“, lehrt Angelyn die Kinder.

Eine veränderte Familie

Heute ist Angelyn 21 Jahre alt und leitet in ihrer Gemeinde Cebu City Alliance Church den Lobpreis. Sie betet treu für ihre Familie und hofft, dass sie eines Tages alle gemeinsam in der Kirche sein und Gott anbeten werden. Ihre Mutter hat ihr Leben bereits Jesus gegeben und geht zur Kirche. Auch wenn Angelyn schlimm findet, was ihre Eltern getan haben, versteht sie doch, wie es dazu kommen konnte, und hat ihnen verziehen.

“Es ist halt schwierig für sie, weil sie die Schule nicht abschliessen konnten und darum keine Arbeit finden”, sagt sie.

Angelyns Geschichte ist noch nicht zu Ende, aber es wird gut ausgehen. Sie findet ihren Frieden in Gott und betet ihn von ganzem Herzen an. Sie weiss genau, wovon Jesus spricht, wenn er sagt (Johannes 10,10): „Der Dieb kommt nur, um die Schafe zu stehlen, zu schlachten und ins Verderben zu stürzen. Ich aber bin gekommen, um ihnen das Leben zu geben, Leben im Überfluss.“

Text: Vivienne Hughes

TEILE DIE GESCHICHTE VON ANGELYN
MIT EINEM FREUND, EINER FREUNDIN.

    GEBEN SIE EINEM KIND WIE ANGELYN HOFFNUNG:
    WERDEN SIE PATE EINES KINDES